Die Geschichte vom alten Igel aus Parma
Riccio di Parma nennt sich diese historische, seit über 150 Jahren bekannte Tomatensorte. Sie stammt, wie es der Name schon verrät, aus der Provinz Parma in der Region Emilia-Romagna in Norditalien. Riccio ist das italienische Wort für Igel. Demnach lässt sich die Sorte mit Igel aus Parma ins Deutsche übersetzen und verdankt ihren Namen vermutlich den stark gerippten Früchten.
Wie lange es die Sorte gibt, war nicht herauszufinden. Sicher ist aber, dass der Agronom Carlo Rognoni (1828-1904) aus Parma der erste war, der mit dem Anbau von Tomaten auf Feldern experimentierte und sie in die Fruchtfolge einführte. Im Jahr 1867 begann der leidenschaftliche Landwirt damit, die Riccio di Parma auf seinem Bauernhof „La Mamiana“ in Panocchia, einem Dorf am Fuße der Hügel von Parma anzubauen.
Carlo Rognoni war ein Visionär, der vor 150 Jahren schon wusste, dass ein erfolgreicher Tomatenanbau im großen Stil nur Sinn macht, wenn man die Früchte verarbeiten kann und daraus haltbare Konserven herstellt. Im Jahr 1878 nahm Carlo Rognoni mit der ersten Tomatenkonserve, die auf seinem Bauernhof hergestellt wurde, an der Weltausstellung in Paris teil.
Der Zielstrebigkeit von Professor Carlo Rognoni war es zu verdanken, dass sich viele Bauern der Region hinter ihn stellten und den Igel aus Parma auf ihren Feldern anbauten. Bis zum Zweiten Weltkrieg wurde Riccio di Parma so wie der Parmaschinken und Parmesankäse zu einem festen Bestandteil der bäuerlichen Wirtschaft und landwirtschaftlichen Kultur in der Provinz Parma. Nach dem Krieg entstanden moderne, leistungsfähige Fabriken.
Die Profitgier der Konservenindustrie war letztendlich der Grund, weshalb man nach ertragreicheren Sorten suchte, die sich besser zur Verarbeitung eignen. In Zukunft sollten Maschinen die Ernte der Tomaten übernehmen und die Früchte sich ohne viel Aufwand ernten und transportieren lassen.
Beim Anbau der Riccio di Parma-Tomate war nach wie vor viel Handarbeit nötig. Die Pflanzen benötigten robuste Stützen, ihre dünnhäutigen Früchte konnte man nur in mühevoller Handarbeit ernten. Sie sind, wenn überhaupt, nur kurz lagerbar und schlecht zu transportieren. Die stark gerippten Tomaten haben, wenn sie erntereif sind, oft noch grüne Schultern.
Mit diesen Eigenschaften war Riccio di Parma aus Sicht der Konservenindustrie natürlich mangelhaft und nicht zu gebrauchen. Nachfolgend wurde in den 1950er-Jahren der kommerzielle Anbau eingestellt und der Igel aus Parma durch bessere und rentablere Sorten ersetzt. In den folgenden Jahren verlor die alte Tomatensorte zunehmend an Bedeutung und geriet mehr und mehr in Vergessenheit. Sie wurde lediglich noch in einigen wenigen Privatgärten angepflanzt und war über Jahrzehnte vom Aussterben bedroht.
Kaum zu glauben, aber der alte Igel aus Parma ist zurück
Zum Glück fanden sich einige Enthusiasten und machten sich daran, der alten Sorte wieder Leben einzuhauchen. Sie gründeten 2017 den Verein Agricoltori Custodi del Pomodoro Riccio di Parma und begannen mit der Rettung der Riccio di Parma-Tomate. Im Jahr 2017 wurden sagenhafte 42500 Setzlinge von den Landwirten ausgepflanzt und wie vor 150 Jahren am Stützsystem nach Professor Carlo Rognoni angebaut. Quelle: pomodororicciodiparma.it
Sortenbeschreibung
Die Stabtomate Riccio di Parma produziert große bis sehr große, stark gerippte rote Früchte. Die Pflanzen tragen normales, dichtes, dunkelgrünes Laub und werden bei mir mit mehreren Trieben um oder auch über 200 cm hoch. Trotz der teilweise riesigen Früchte beträgt die Reifezeit von der Befruchtung bis zur Ernte meistens nicht mehr als 70 bis 75 Tage. In der Regel wachsen pro Rispe 3 bis 4 Tomaten heran.
Im Durchmesser erreichen die Früchte eine Größe von 8 bis 16 cm, werden 6 bis 10 cm hoch und bringen bis zu 1000 g und mehr auf die Waage. Von der Form und Größe her sind die Tomaten etwas unterschiedlich, meistens aber flachrund und vom Stielansatz ausgehend stark und ungleichmäßig gerippt.
Beim Anschnitt zeigt sich viel zart schmelzendes Fruchtfleisch. Es gibt mehrere Fruchtkammern, aber nur wenige Samen. Nicht selten sind die Tomaten innen auch teilweise hohl. Die Haut ist weich und trotzdem recht platzfest. Den Geschmack würde ich als aromatisch, fruchtig, süß, mit einer dezenten leichten Säure beschreiben.
Übersicht
T333 | Riccio di Parma |
Wuchsform: | Stabtomate, normalblättrig |
Herkunft: | Italien |
Fruchttyp: | Fleischtomate |
Fruchtfarbe: | rot |
Fruchtform: | flachrund, stark gerippt |
Fruchtgröße: | Ø 8 – 16 cm, ⇕ 6 – 10 cm |
Fruchtgewicht: | bis 1000 g und mehr |
Reifezeit: | 65 – 75 Tage – mittelspät |
Wuchshöhe: | indeterminiert, ⇕ 200 cm |
Geschmack: | fruchtig, ausgewogen süß-säuerlich |
Standort: | Gewächshaus, Freiland |
Ertrag: | hoch |
Meine Erfahrungen mit Riccio di Parma
Riccio di Parma ist eine ertragreiche historische Tomatensorte mit prächtigen, tief gefurchten roten Früchten und einem vorzüglichen Geschmack. Die stattlichen Pflanzen sind robust, nur wenig anfällig für Krankheiten, fruchten zuverlässig und kommen auch mit den kühleren Temperaturen bei mir im Vogtland gut zurecht.
Die Riccio di Parma eignet sich nicht nur für den geschützten Anbau unter Glas und Folie. Nachdem ich diese Sorte schon mehrmals angebaut habe, kann ich sie auf alle Fälle auch fürs Freiland empfehlen. Ein warmes Plätzchen mit vielen Sonnenstunden ist allerdings Pflicht und Voraussetzung für eine reiche Ernte. Die sonnengereiften Früchte aus dem Freiland sind meiner Meinung nach aromatischer und schmecken besser als die aus dem Gewächshaus.
Ein Regenschutz ist für Tomaten generell zu empfehlen und bei dieser Sorte mit ihren tief liegenden Stielansätzen, in denen sich das Regenwasser sammelt, sicher auch von Vorteil. Bei mir wächst die Riccio di Parma überwiegend im Freiland. Sind nach den Eisheiligen im Mai keine späten Fröste mehr zu erwarten, werden meine Jungpflanzen mit 70 bis 80 cm Abstand ausgepflanzt und mit 2 bis 3 Trieben am Spalier aufgeleitet.
Der Boden wird bei mir im Garten immer mit Mulch abgedeckt. So bleibt er auch in trockenen Zeiten gleichmäßig feucht und ich kann mir das Gießen sparen. Der Pflegeaufwand hält sich damit in Grenzen und beschränkt sich im Wesentlichen nur noch aufs Anbinden und Ausbrechen der Geiztriebe. Die Blätter sollte man lediglich im unteren Spritzwasserbereich entfernen, denn sie sind das Kraftwerk der Pflanze und liefern den Zucker für die Früchte.
Um den 15. August ist bei mir mit den ersten reifen Früchten zu rechnen. Die Schönheit dieser Tomaten begeistert mich jedes Jahr aufs Neue, denn jede einzelne Frucht ist ein Unikat und ein Kunstwerk der Natur. Die ergiebigen Früchte lassen sich in der Küche zu allem Möglichen verwenden, ich nutze sie hauptsächlich zur Herstellung von köstlichem Sugo für den Wintervorrat.
Bewertung 



Riccio di Parma ist wahrlich eine außergewöhnliche historische Tomate und es wäre wirklich schade, würde es sie nicht mehr geben. Für den Rohverzehr gibt es sicher bessere Sorten, aber sie war in ihrer langen Geschichte immer eine Kochtomate für die Herstellung von Konserven und da liegen eben auch ihre Stärken. Alles in allem ist es eine empfehlenswerte Tomate, die auch im Freiland reich trägt und mit ihren gigantischen, bildhübschen Früchten den Gemüsegarten bereichert.